Zwerge in den Zweigen

Wintervögel im Fullener Wald

Wandern

Wintervögel im Fullener Wald

Jetzt im Winter ist Gelegenheit, die Vögel zu beobachten, die in unseren Breiten überwintern und aus dem Norden oder Osten zu uns kommen. Neben den Schwärmen von Gänsen, Enten und Schwänen am Himmel gibt es aber auch eine Vielzahl ganz kleiner Überwinterungsgäste, die nun in den kalten Monaten bei Wanderungen durch den Naturpark Bourtanger Moor - Veenland zu entdecken sind.

Im Augenwinkel sind meist nur eine kleine Bewegungen zu sehen! Aber nicht wirklich erkennbar, was einen am Wegesrand begleitet. Eine Elfe? Ein Windhauch oder ein Vögelchen? Richtig!  Es gibt winzige Vögel, die in den Hecken oder dichten Sträuchern am Waldrand leben. Wir nennen sie die Zwerge des Waldes.
 
Zaunkönig
Der Zaunkönig ist ein typischer Vertreter, der im Schutz der dichten Hecken im Verborgenen lebt: Flinke, kleine nur ca. 9 Gramm leichte Singvögel mit rostbraunem Gefieder und auffällig erhobenem, kurzen Schwanz. Aufgeregt hüpft er in den unteren Etagen dichter Hecken und im Gestrüpp von Ästen und Zweigen herum und warnt durch sein kurzes tek tek tek vor unliebsamen Besuchern. Ganz anders sein Gesang: Mit lauter Stimme (erreicht er 90 Dezibel, was dem Lärm eines LKW entspricht!) macht er schon von weitem auf sich aufmerksam. Der nur ca. 5 Sekunden anhaltende Ruf ist sehr hoch in der Tonlage und eine Abfolge verschieden kurzer, hoher Töne, Schmettern und abschließendem Rollen. Der Name Zaunkönig leitet sich daraus ab, dass der so winzige Geselle von einer erhöhten Sitzwarte aus (einem Thron gleich), einen geradezu königlichen Gesang hervor bringen kann. Verschiedene Geschichten und Märchen ranken sich um den kleinen Vogel: So liest man bei den Gebrüdern Grimm im Märchen „Der Zaunkönig und der Bär“, wie einst ein Wolf und ein Bär dem Gesang eines Vogels lauschten und der Wolf erklärte, es sei der König der Vögel. Der Bär wollte darauf den Palast des Königs bestaunen und konnte kaum glauben, dass der kleine Vogelkönig eine so einfache Behausung wie ein kleines Nest im dichten Gestrüpp bewohnen solle. Es kam zum Streit und sogar Krieg zwischen den vierbeinigen Gefährten des Bärs und den zweiflügeligen Freunden des Vogels. Diesen kann mit List der Zaunkönig gewinnen, so dass er seither als König der Vögel anerkannt wird. Ein weiteres Märchen erklärt denjenigen Vogel zum König, der am höchsten fliegen oder am tiefsten fallen kann - ebenfalls gewinnt der Zaunkönig den Wettbewerb dank seiner Kniffe und Tricks. Ein Grund, beim nächsten Waldspaziergang dem Gesang des Vogels ein wenig mehr Beachtung zu schenken und vielleicht sogar sich vor dem Vogelkönig zu verneigen!


Mein Tipp:
Wer gerne Geschichten, Märchen oder Sagen zu heimischen Tieren und Pflanzen lauschen möchte, der findet Gelegenheit, sich den Führungen unserer Naturparkführer anzuschließen. Zu vielen Pflanzen gibt es uralte Geschichten, die schon die Wikinger erzählten oder Fabeln von Tieren, die so manche Eigenheit der Menschen erklären. 


Wintergoldhähnchen
Noch kleiner als der Zaunkönig ist das Wintergoldhähnchen. Es ist kleiner als 9 cm und wiegt nur 4-8 Gramm. Somit sind Wintergoldhähnchen die kleinsten Singvögel Europas. Gerade nun im Winter folgen einem ganze Scharen durch den Wald, jedoch fällt es schwer, sie zu erkennen – meist hört man ein schwaches Ziepen und nur wer genauer hinschaut, entdeckt den kleinen Vogel – wobei, ist erstmals einer erspäht worden, entdeckt man anschließend gleich eine ganze Schar. Sie sind sehr gesellige Tiere, die gerne in Trupps unterwegs sind. Stets vermeiden sie aus der Deckung zu fliegen, lieber hüpfen sie im dichten Gestrüpp herum und suchen nach Nahrung. Es sind Tiere beobachtet worden, die im „Standflug“ Spinnen aus den Netzen picken oder abseilende Exemplare blitzschnell ergreifen. In der Regel suchen sie jedoch auf der Unterseite von Blättern nach Beute wie Blattläusen und in den Baumrinden nach kleinen Insekten. Dabei bevorzugen sie Nadelbäume und gelten als typische Arten der Fichtenwälder. Wintergoldhähnchen sind in unserer Region nicht selten – nur eben schwer zu Gesicht zu bekommen. 
In den Wintermonaten bekommen die heimischen Vögel Verstärkung durch nördliche Brutvögel, die die kalte Zeit in unseren südlicheren Gefilden verbringen. In der Ost- und Nordseeregion kann es sogar zu invasionsartigen Massenzuzügen aus Skandinavien und Sibirien kommen, die einige Zeit bleiben und dann weiterziehen. Kennzeichnend für Goldhähnchen ist ihr goldfarbener Strich, Scheitelstreich genannt, über dem Kopf. Er wird durch schwarze Federn begrenzt und optisch hervorgehoben. Ansonsten ist der Vogel olivgrün. Die nächsten Verwandten sind übrigens die Sommergoldhähnchen. Sie sehen auf den ersten Blick fast identisch aus – neben dem Goldstreifen haben sie jedoch einen weißen Überaugenstreifen und einen schwarzen Strich an den Augen. Es gilt also genau Hinzusehen, um beide Vogelarten voneinander zu unterscheiden. Sommergoldhähnchen sind wesentlich seltener zu sehen, denn sie überwintern im Süden und sind, wie der Name verrät, nur während der Brutzeit im Sommer bei uns zu beobachten. Beiden Goldhähnchen ist gemein, dass sie unglaublich „niedlich“ anzusehen sind: durch das leichte Aufstellen der Rückenfedern wirken sie ein wenig „aufgeplustert“, fast kugelrund- zusammen mit den großen, runden Knopfaugen entsprechen sie genau dem Kindchenschema, so dass ihr Aussehen begeistert.

Mein Tipp:
Im Fullener Wald sind die Wintergoldhähnchen auf den Wanderwegen gut zu beobachten, denn die dichten Waldsäume und zahlreichen Nadelbäume bieten den Tieren gute Überwinterungsmöglichkeiten. 
Häufig kann man neben den Wintergoldhähnchen auch Tannen- und  Schwanzmeisen beobachten, die ebenfalls zu den Wintervögeln gehören, die man in den kalten Monaten am ehesten zu sehen bekommt. Wird es im Frühling wieder wärmer, kommen die heimischen Brutvögel hinzu. Im Fullener Wald sind dann wieder die typischen Bewohner offener Lebensräume wie Moor und Heide als auch die Brutvögel der Wälder zu sehen. 
 
Blaukehlchen
Ein kleiner, typischer Singvogel, der einem in den offenen Heide- und Moorlandschaften des Naturpark Bourtanger Moor - Veenland begegnen kann, ist das Blaukehlchen. Das Blaukehlchen besiedelt nasse Standorte, mit schütterem Bewuchs und guter Deckung. Dazu gehören Feuchtwiesen, Röhrichte oder moorige Bereiche. Da diese Lebensräume in den letzten Jahrzehnten immer seltener wurden, war die Art in seinem Bestand sehr gefährdet. Inzwischen breitet sie sich von den Marschlandschaften der Nordsee wieder weiter aus, die Bestände erholen sich nach und nach. Im Bargerveen, im Provinzialmoor, am Versener Heidesee oder im Fullener Wald sind die Rufe des Blaukehlchens im Frühling zu hören. Von einem gurgelnden Eingangslaut, zwitschert der kleine Vogel eine längere Tonfolge aus. Noch dauert es ein bisschen, bis die Blaukehlchen oder die verwandten Schwarzkehlchen und Braunkehlchen aus den südlichen Überwinterungsgebieten zurückkommen - ein Spaziergang lohnt sich aber auch im Winter auf alle Fälle!