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Naturpark

Charakter

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Hochmoorlandschaft 

Das Bourtanger Moor

Das Bourtanger Moor gehörte vor seiner Kultivierung Mitte des 19. Jahrhunderts mit 1.200 km² zu den größten zusammenhängenden Hochmooren in Mitteleuropa. Etwas Unheimliches und Bedrohliches schien von ihm auszugehen. Das Bild einer unüberschaubaren und für den Menschen lebensfeindlichen Naturlandschaft hat sich jedoch gewandelt.

Durch Besiedlung, Torfabbau und die anschließende landwirtschaftliche Nutzung prägt die Region heute ein Mosaik verschiedener Flächen. Das Spektrum reicht von ursprünglichen und renaturierten Hochmoorgebieten mit ihrer schützenswerten Flora und Fauna bis hin zu wertvollen, stark von den Menschen beeinflussten Kulturlandschaften. Die großen, mit modernster Agrartechnik ausgestatteten Betriebe sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Zwischen extensiv genutztem Grünland und Wäldern blühen die lebendigen Städte und Gemeinden

Der Charakter der Moore ist jedoch im gesamten Naturpark gegenwärtig. Die Weite der Landschaft, die langgestreckten Siedlungen und Kanäle, die für das Moor so typisch sind, fallen dabei besonders ins Auge. Und langsam entstehen sie wieder, die großen Moorlandschaften.

Hochmoorentstehung

Das Moor ist - geologisch betrachtet - eine sehr junge Landschaftsform. Als mit Ende der Eiszeit die Gletscher im Nordwesten Deutschlands schmolzen, sammelte sich das Wasser in Senken. In den Gewässern lagerten sich Sedimente ab, Schilf und andere Röhrichtarten siedelten sich an. Nach und nach lagerten sich am Boden der Schmelzwasserseen Pflanzenreste ab, die nur unvollständig zersetzt wurden. Die Torfbildung begann und das Niedermoor entstand. In der Folgezeit wuchs die Torfschicht, sodass der Kontakt der Pflanzen zum nährstoffreichen Grundwasser verloren ging. In dieser sauren, nährstoffarmen Umgebung konnten sich nur noch Torfmoose ansiedeln, die die Hauptrolle in der Entstehung von Hochmoor spielten. Während das Torfmoos wächst, stirbt es im unteren Bereich ab und sinkt zu Boden. Jedes Jahr entsteht so im Durchschnitt 1 mm Torf. Die Entwicklung der Hochmoore im Bourtanger Moor vollzog sich über Tausende von Jahren in mehreren Phasen.

Landschaftswandel

„Dem Ersten den Tod, dem Zweiten die Not, dem Dritten das Brot“

... war das Los der ersten Siedler im Moor. Seit 1850 wird das Bourtanger Moor im großen Stil kultiviert, wobei Torf- und Landwirtschaft die ursprüngliche Hochmoorlandschaft nach und nach veränderten und ihre Spuren hinterließen.

Moorbrandkultur
Die Moorbrandkultur wurde seit dem 16. Jahrhundert in den Niederlanden und später auch in Nordwestdeutschland praktiziert. Hochmoorflächen wurden vor dem Winter flachgründig entwässert und im darauffolgenden Frühjahr in Brand gesetzt. In die noch warme Asche säten die Bauern vor allem Buchweizen, aber auch Weizen, Hafer und Kartoffeln. Nach 5 bis 7 Jahren war der Boden ausgelaugt und musste 30 Jahre brach liegen.

Fehnkultur
Die Fehnkultur hat ihren Ursprung in den Niederlanden. Zur Entwässerung der Moore wurde ein Netz zahlreicher Kanäle angelegt. Vom Hauptkanal, mit Anschluss an einen Fluss, zweigten zahlreiche kleine Kanäle (Wieken) ab. Die so entwässerten Flächen wurden daraufhin abgetragen und das Torf mit Torfschiffen abtransportiert. Auf dem Rückweg nahmen die Schiffe Schlick aus den Flüssen mit und füllten die abgetragenen Flächen damit auf. Anschließend konnte das Land entlang der Kanäle bewirtschaftet werden.

Deutsche Hochmoorkultur
Die Moorbrand- und Fehnkultur wurden um 1880 durch die Deutsche Hochmoorkultur ersetzt. Die oberste Moorschicht wurden effektiv entwässert, die Vegetation beseitigt und der Boden mit Mineraldünger vermischt. Diese Bewirtschaftungsart schuf die Voraussetzungen für eine großflächige und intensive Landwirtschaft und Besiedlung. Man erreichte eine Erhöhung der Erträge und eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Bauern. Im Laufe der Jahre führte diese Art der Moorkultivierung allerdings zu einer erheblichen Verschlechterung der Bodenqualität.

Sandmischkultur
Die Sandmischkultur kam nach dem 2. Weltkrieg auf und diente zur Erschließung weiterer Moorgebiete. Nach der Entwässerung mit Hilfe von Gräben rissen die als „Schwalben des Emslandes“ bezeichneten riesigen Pflüge das Moor bis zu 2 Meter tief auf, holten den Sand aus der Tiefe und vermischten ihn mit dem Torf.

Torfabbau

Schon seit Jahrtausenden wird Torf als Brennstoff genutzt. Früher wurde er per Hand in offenen Gruben, sogenannten Pütten, gestochen. Aufgrund seiner hohen Energiedichte war nur der Schwarztorf als Brennstoff geeignet, Weißtorf wurde z.B. als Stall-Einstreu genutzt, da er wasser- und geruchsbindend ist. Durch die Entwässerung und den Torfabbau verloren im Laufe der Zeit immer mehr seltene Pflanzen und Tiere ihren Lebensraum. Mittlerweile wird Torf industriell abgebaut und zu Gartenerde und anderen Produkten verarbeitet. Die Torfvorräte Mitteleuropas sind jedoch nahezu aufgebraucht: große Torfvorkommen gibt es heute nur noch in Skandinavien, Russland und den Baltischen Staaten.

Landwirtschaft

Eine landwirtschaftliche Nutzung der Moore war lange Zeit, abgesehen von der Moorbrandkultur, nur nach vollständiger Abtorfung möglich. 

Vor allem seit der Entwicklung der Sandmischkultur konnten jedoch größere Nutzflächen für die Landwirtschaft geschaffen werden. Auch die Erfindung des Düngers und neue technische Errungenschaften verbesserten die Situation der Landwirte im Moor erheblich. 

Heute sind weite Teile der Region von moderner, intensiver Landwirtschaft geprägt. Die hier ansässigen Betriebe produzieren auf internationalem Standard für überregionale Märkte.

Energie

Erdöl- und Erdgaslagerstätten entstanden in der Naturpark-Region bereits in der Kreidezeit. Die Region ist das größte Erdölfördergebiet auf deutschem Festland.

Auch erneuerbare Energien werden im Naturparkgebiet auf vielfältige Weise genutzt. Mit der Entwicklung von Fotovoltaik-Anlagen und modernen Windkraftanlagen ist ihre Nutzung zur Stromerzeugung heute möglich. Biomasse ist ein Ergebnis der Fotosynthese und damit eine indirekte Form der Sonnenenergie. Die Verbrennung von Holz, Stroh und Rapsöl setzt gerade soviel Kohlendioxid frei, wie die nachwachsenden Rohstoffe beim Wachstum verbraucht haben („CO2-neutral“).

Wiedervernässung

Weite Teile des Bourtanger Moores weisen einen hohen Naturschutzwert auf. Die Naturschutzbehörden, die Staatliche Moorverwaltung sowie die niederländische Forstverwaltung (Staatsbosbeheer) bemühen sich intensiv, ehemalige Moorflächen nach der Abtorfung neu zu beleben.

Seit den 1970er Jahren werden daher viele Flächen wiedervernässt und beachtliche Erfolge erzielt. Entwässerungsgräben werden zugeschüttet, Vernässungspolder und Dämme angelegt. Was sich jedoch in Jahrtausenden gebildet hat und in Jahrzehnten abgebaut wurde, lässt sich nicht in kürzester Zeit wieder herstellen. Und doch befindet sich die Landschaft im Wandel: das Hochmoor mit seinen typischen Pflanzen- und Tierarten, wie dem Wollgras, kehrt nach und nach in das Bourtanger Moor zurück.

Flora und Fauna

Atemberaubend ist das Farbenspiel der Natur, die sich aus unterschiedlichen Landschaftsflächen - Sand und Heide, Moor und Torf, Äcker und Weiden - mosaikartig zusammensetzt. Je nach Jahreszeit leuchtet das Moor in den verschiedensten Tönen. In dieses Schauspiel der Natur mischt sich die typische Moorvegetation: Für seine Schönheit weithin bekannt ist das fruchtende Wollgras, das sich wie ein cremefarbenes Meer über der Moorlandschaft wiegt. Ganz anders als die satt lilafarbene Erika, die der eher kargen Heidelandschaft ihre Farbtupfer aufsetzt. Lang ist die Liste der seltenen Pflanzenarten, die im Moor zuhause sind: Schnabelried und Pfeifengras, Glockenheide und Sonnentau gehören dazu, ebenso - natürlich - die Torfmoose. Moosbeeren können im Internationalen Naturpark ebenso aufgespürt werden wie die Zweiblättrige Kuckucksblume und die Natterzunge. Kenner und Liebhaber der heimischen Flora werden im Bourtanger Moor und ganz besonders im Natura 2000-Gebiet Bargerveen immer wieder neue Entdeckungen machen.

Außergewöhnliche Arten zeigt auch die Tierwelt des Moores. Seltene Arten und Gattungen - einige von ihnen vom Aussterben bedroht - sind hier wieder heimisch geworden, nachdem sie sich im Zuge der Kultivierung zurückgezogen hatten. Jetzt sind viele von ihnen wieder da. Allein über 280 Vogelarten zählen die Ornithologen im Moor, darunter zahlreiche Raritäten: das Blaukehlchen zum Beispiel, den Goldregenpfeifer und - in großer Zahl - den Neuntöter.

Dass Schwäne, Gänse, Enten und Stelzvögel hier auf ihren langen Flügen Station machen, verwundert ebenso wenig wie die Tatsache, dass mit der Kornweihe, dem Fischadler und dem Rotmilan auch Raubvögel zu Gast sind. Ihre Anwesenheit ist wohl nicht zuletzt den anderen Tierarten im Moor zu verdanken: Heidefrösche und lebend gebärende Eidechsen, auch Kreuzotter haben ihr Auskommen. 

Schön anzusehen sind die etwa 40 Libellen- und 30 Tagschmetterlingsarten, die im Internationalen Naturpark gezählt werden. Unter ihnen sind der Malven-Würfelfleckfalter und der braunfleckige Perlmuttfalter besonders sehenswert.

Vor allem im niederländischen Naturschutzgebiet Bargerveen können Naturliebhaber auf 30 Kilometer Wanderwegen außergewöhnliche Entdeckungen machen. Aufgrund des besonderen Wertes seiner Flora und Fauna wurde das Bargerveen im Rahmen der europäischen Vogelschutzrichtlinie zum speziellen Schutzgebiet ernannt und zum wichtigen Feuchtgebiet erklärt. Auch das 30 Hektar große Außengelände des Emsland Moormuseums in Geeste - Groß-Hesepe ermöglicht interessante Naturbeobachtungen.